Liebevoll hat Christel Hilpert aus Niederröblingen jahrelang ihren Garten gestaltet, Zeit und Geld investiert. Er struggle ihr Lebenswerk. Doch das Hochwasser an der Helme hat vieles zerstört. Nun steht die Rentnerin aus Niederröblingen vor der Frage: Zahlt die Versicherung?
An einer Statue im Garten veranschaulicht Christel Hilpert das Ausmaß des Unglücks. “Bis hierhin stand das Hochwasser der Helme“, sagt die Rentnerin aus Niederröblingen und zeigt auf den Betonsockel. 75 Zentimeter hoch sei das Wasser gewesen.
“Und hier”, sagt Hilpert, “dieses riesengroße Beet mit den teuren Schwertlilien aus Frankreich struggle voll mit Wasser und zum Schluss mit einer sieben Zentimeter dicken Eisschicht überzogen.”
Alles zerstört. Hilpert kämpft mit ihren Emotionen. “Das ist ganz schlimm”, sagt sie. “Dieser Garten struggle unser Lebenswerk. Wir haben so viel Arbeitszeit und Geld reingesteckt. Es sollte schön sein.” Doch nun hat das Hochwasser vieles zerstört.
Nach Hochwasser: Schaden noch nicht beziffert
Noch lässt sich nicht beziffern, wie hoch der Schaden ist. Das Frühjahr wird Klarheit bringen. Doch schon jetzt steht fest, dass Christel Hilpert das Schicksal von zahlreichen Betroffenen des jüngsten Hochwassers in Sachsen-Anhalt teilt. Sie muss sich der Frage stellen: Welche Versicherung zahlt was?
Immerhin: Für ihr Haus und das ihrer Tochter nebenan hat die Rentnerin eine Versicherung gegen Elementarschäden abgeschlossen. Ihr Haus blieb vom Hochwaser verschont, bei dem ihrer Tochter, die derzeit im Ausland weilt, lief der Keller voll. Die Heizöfen wurden beschädigt. Auch hier ist der Sachschaden noch nicht beziffert.
“Das ist ein Albtraum, wenn du siehst, dass dein ganzes Grundstück unter Wasser steht und dann auch noch der Keller voll läuft”, sagt Christel Hilpert. Das Ergebnis: “Die Nerven liegen clean.”
Entscheidende Frage: Überschwemmung oder Grundwasser?
Kristin Stannek von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt kennt solche Schicksale. “Diese Gespräche, in denen es um Hochwasserschäden geht, sind oftmals sehr emotional”, sagt Stannek, die unter anderem vom Hochwasser betroffene Verbraucher berät. “Da musst du einfühlsam sein und raushorchen, worum es wirklich geht.” Im Zentrum stehe die Frage: “Ist es ein Versicherungsfall oder nicht?”
Auch Christel Hilpert lässt sich an diesem Dienstag Ende Januar von der Verbraucherzentrale in Sangerhausen beraten. Und Kristin Stannek hat gute Nachrichten: “Es ist zwar aus der Ferne schwierig zu beurteilen, aber bei dem Schaden, bei dem es um die Überschwemmung des Gartens geht, denke ich schon, dass das ein Versicherungsschaden ist.”
Doch: “Bei dem zweiten Fall, bei dem das Wasser in den Keller gelaufen ist, müsste ein Sachverständiger bewerten, ob es ein Versicherungsfall ist.” Denn: “Grundsätzlich ist in dem Elementarschutz eine Hochwasserversicherung enthalten. Aber dann muss eingeschätzt werden, ob es sich wirklich um eine Überschwemmung handelt, die der Versicherungsvertrag abdeckt, oder eventuell um einen Schaden durch Grundwasser, was nicht zwangsläufig versichert wäre.”
Nur die Hälfte der Immobilieneigentümer gegen Elementarschäden versichert
Die Sandsäcke liegen noch auf der Straße unweit des Hauses von Christel Hilpert in Niederröblingen im Landkreis Mansfeld-Südharz. Teile der Region waren schwer vom Hochwasser betroffen. In Oberröblingen struggle die Lage noch prekärer als in Niederröblingen. Inzwischen hat sich die Situation entspannt – zumindest, was das Hochwasser angeht.
Die Schäden müssen nun reguliert werden. Wer gegen Hochwasser versichert ist, muss sich mit seiner Versicherung auseinandersetzen. Aber: “Laut aktuellen Umfrage-Ergebnissen ist es so, dass in Sachsen-Anhalt derzeit nur 49 Prozent der Immobilieneigentümer einen Elementarschutz abgeschlossen haben”, sagt Kristin Stannek von der Verbraucherzentrale. “Das Ziel sollte sein, die Versicherungsdichte weiter zu erhöhen. Dafür muss auch das Bewusstsein geschaffen werden, dass Elementarschutz nicht nur Hochwasserschutz ist, sondern auch Schutz gegen Starkregen, bei einem Erdrutsch, gegen Lawinen oder Schneedruck.”
Verbraucherzentrale ordnet Elementarversicherung als sinnvoll ein
Denn Stannek sagt: “Aufgrund des Klimawandels erwarten uns in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch ganz andere Umweltkatastrophen und Unwetter, wofür die Elementarversicherung ja dann auch die Schäden ausgleicht.” Deshalb wäre eine solche Versicherung auch für Immobilieneigentümer sinnvoll, die nicht im Hochwassergebiet wohnen würden, erklärt Stannek.
Keine Versicherung für Gebäude im Hochwassergebiet?
Allerdings: Nicht alle Immobilieneigentümer können sich auch gegen Elementarschäden versichern lassen. “Die zu versichernden Gebäude werden bei Vertragsabschluss in eine Gefährdungszone eingestuft”, erklärt Stannek. Vier gibt es, wobei die Stufe vier das höchste Hochwasser-Risiko bedeutet.
Und: “Die Tendenz ist, dass Verbraucher, die in der Stufe vier eingeordnet werden, entweder gar keinen Elementarschutz gewährt bekommen oder nur zu enorm hohen Versicherungsbeträgen oder mit horrender Selbstbeteiligung”, sagt die Verbraucherschützerin. “Das Drawback ist, dass das Risiko für die Versicherung in solchen Fällen unkalkulierbar ist.”
Zur Einordnung sei allerdings wichtig, zu wissen, dass “deutschlandweit nur 0,4 Prozent der Gebäude in der Gefährdungszone vier liegen”, so Stannek. “Grundsätzlich kann die Vielzahl der Verbraucher einen bezahlbaren Elementarschutz abschließen.”
Willingmann fordert Pflichtversicherung
Trotzdem: Damit das künftig für alle Immobilieneigentümer gilt, ist seit Jahren eine solidarische Pflichtversicherung gegen Elementarschäden im Gespräch. Sachsen-Anhalts Umweltminister Armin Willingmann (SPD) wirbt seit Jahren für deren Einführung.
“Ich bedauere es sehr, dass der Bundesjustizminister hier aufgrund juristischer Bedenken auf Zeit spielt. Obwohl sich auch die Ministerpräsidentenkonferenz vor mehr als einem Jahr für die Einführung einer Versicherungspflicht ausgesprochen hat, liegt noch immer kein Vorschlag der Bundesregierung auf dem Tisch”, so Willingmann kürzlich. “Wir müssen hier vorankommen, denn hundertprozentigen Hochwasserschutz wird es auch künftig nicht geben.”
Die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt befürwortet die Einführung einer solchen Pflichtversicherung jedenfalls. “Die Frage, die noch im Raum steht, ist natürlich, wie so eine Pflichtversicherung tatsächlich ausgestaltet wird”, sagt Kristin Stannek. “Man könnte darüber reden, dass die Verbraucher durch eigene Vorsorge an der Immobilie oder Prävention die Möglichkeit haben, Einfluss auf den Versicherungsbeitrag oder der Selbstbeteiligung zu nehmen.”
Rentnerin froh über Elementarversicherung
Christel Hilpert aus Niederröblingen muss nach der Beratung bei der Verbraucherzentrale noch einmal genau in ihre Versicherungsunterlagen schauen und Kontakt mit dem Versicherungsunternehmen aufnehmen. Der Weg zur Schadensregulierung ist womöglich noch weit.
Trotzdem: Sie sei froh, gegen Elementarschäden versichert zu sein, sagt die Rentnerin. “Und nach der Beratung weiß ich jetzt auch, dass der Garten mit abgedeckt ist, nicht nur das Haus.” Noch immer steht sie in ihrem Garten, gezeichnet vom Hochwasser. “Jetzt müssen wir erstmal abwarten”, sagt sie. “Ich werde mich jetzt erstmal an die Versicherung wenden.” Und dann, so intestine es geht, ihr Lebenswerk wieder herrichten.
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 04. Februar 2024 | 19:00 Uhr
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